Infrastrukturbetreiber unterzeichnen Manifest für mehr Nachhaltigkeit
buildingSMART International Standards Summit in Rom: Öffentliche Bauherren und Betreiber von Infrastrukturen tragen eine besondere Verantwortung, wenn es um Nachhaltigkeit und die Auswirkungen von Bauwerken auf die Umwelt geht. Kern dafür ist der offene Datenstandard IFC4.3.
Im März 2023 fand in Rom der buildingSMART International Standards Summit statt. Dort unterzeichneten Infrastrukturbetreiber aus aller Welt ein „OpenRail Manifesto“. Sie heben damit explizit ihre Verantwortung hervor, die sie beim Thema Nachhaltigkeit sowie den Auswirkungen von Bauwerken auf die Umwelt haben. Mitunterzeichner des Manifests ist auch die Deutsche Bahn, ein Mitgliedsunternehmen von buildingSMART Deutschland. Hier veröffentlichen wir das Manifest im Wortlaut.
OpenRail Manifesto von Rom 2023
Präambel:
2023 jährt es sich zum 40. Mal, dass die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen gegründet wurde („Brundtland Kommission“). Sie definierte ökologische Gerechtigkeit wie folgt: „Im Wesentlichen ist dauerhafte Entwicklung ein Wandlungsprozess, in dem die Nutzung von Ressourcen, das Ziel von Investitionen, die Richtung technologischer Entwicklung und institutioneller Wandel miteinander harmonieren und das derzeitige und künftige Potential vergrößern, menschliche Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen.“
Dieses Jubiläum und diese Definition sind uns Verpflichtung: Öffentliche Bauherren und Betreiber von Infrastrukturen tragen eine besondere Verantwortung, wenn es um Nachhaltigkeit und die Auswirkungen von Bauwerken auf die Umwelt geht. Dieser Verantwortung gilt es vor allem bei Neubauten aber auch in der Instandhaltung gerecht zu werden und im täglichen Handeln zu übertreffen.
Die Macher:
Wir, die unterzeichnenden Bahnen, Bauherren im öffentlichen Sektor und Infrastrukturbetreiber, sehen die Verknüpfung von Nachhaltigkeit und digitaler Transformation als langfristiges Ziel, um die Position als umweltfreundlichstes Verkehrsmittel dauerhaft zu stärken und unseren Kunden ein verlässliches Transportmittel anzubieten.
Die Chance:
Wir begreifen die derzeitige Energiekrise auch als Chance, noch effizienter und effektiver in unserem täglichen Ablauf zu werden. Wir sehen die Möglichkeiten der digitalen Transformation der Gesellschaft und unserer Industrie als Ansporn, Standards und Normen zielgerichtet zu erarbeiten, konsolidiert einzusetzen und gesamthaft über den Lebenszyklus zu nutzen.
Für die Umsetzung benötigt es intelligentes Datenmanagement und geeignete Datenstrukturen, um dies abzubilden. Wir sehen die Nutzung von offenen Standards und Methoden als den sinnhaften Weg, die Zukunft der Infrastruktur und des dazugehörigen Datenmanagements zu etablieren und zu sichern.
Der Standard:
Wir entwickelten in den letzten Jahren gemeinsam mit Industrievertretenden den internationalen Standard IFC4.3. Dieser Standard ist ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung offener Standards für die Baubranche und bietet eine robuste und interoperable Plattform für den Austausch von Daten und Informationen zwischen den verschiedenen Akteuren der Branche. Wir erachten es als logische Konsequenz, diesen Standard in unseren Projekten auszuschreiben, einzufordern und einzusetzen. Für eine nachhaltige, kooperative und gegenseitig unterstützende Entwicklung rufen wir daher alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette dazu auf, IFC4.3 und natürlich auch zukünftige Versionen von IFC zu unterstützen und sich frühzeitig mit diesem Standard zu beschäftigen, diesen in Softwarelösungen zu implementieren und aktiv in den Unternehmensprozessen entlang des Lebenszyklus von Infrastrukturanlagen zu nutzen.
Die Vision:
Unsere Vision ist dabei, eine moderne, effiziente und nachhaltige Bahninfrastruktur zu schaffen, die den Ansprüchen der Kunden und der Gesellschaft gerecht wird und die auf offenen Datenstandards (wie IFC) und Building Information Modelling (BIM) basiert.
Die Ziele:
Mit dem Einsatz von IFC4.3 verfolgen wir diverse miteinander verwobene Ziele und Absichten:
1. Nutzen von BIM und offenen Datenstandards: Die Verwendung von BIM und offenen Datenstandards wie IFC (Industry Foundation Classes) ermöglicht es uns, die Planung, Konstruktion, Betrieb und Instandhaltung der Bahninfrastruktur zu frühe(re)n Zeitpunkten zu optimieren. Durch die Verwendung einheitlicher Datenstandards verbessern wir den Informationsfluss zwischen allen Beteiligten und beschleunigen Prozesse. Ziel ist ein friktionsfreier Betrieb.
2. Effizienzsteigerung: Durch den Einsatz von BIM und offenen Datenstandards werden wir Prozesse optimieren und Zeit und Kosten sparen. So können wir sicherstellen, dass Projekte mit standardisierten Komponenten termingerecht und innerhalb des Budgets umgesetzt werden.
3. Nachhaltigkeit: Durch die Verwendung von BIM und offenen Datenstandards verbessern wir die Nachhaltigkeit der Bahninfrastruktur. So sparen wir beispielsweise Ressourcen und reduzieren den Energieverbrauch, in dem nur das gebaut wird, was sich in Simulationen als sinnvoll gezeigt hat. Dadurch vermindern sich auch die Betriebs- und Bewirtschaftungskosten.
4. Kundenzufriedenheit: Durch die Verwendung von BIM und offenen Datenstandards erhöhen wir die Zufriedenheit unserer Kunden und Nutzer. So können wir beispielsweise bessere Informationsangebote bereitstellen und die Verfügbarkeit der Bahninfrastruktur verbessern.
5. Transparenz: Als zumeist öffentliche Bauherren können wir mit offenen Standards Transparenz und Interoperabilität signifikant erhöhen, indem alle Beteiligten an einem gemeinsamen Prozess beteiligt sind und sichergestellt werden kann, dass Systeme miteinander kompatibel sind.
6. Kosteneffizienz: Wir reduzieren mittels offener Standards die Kosten, da sie keine proprietären Systeme erfordern und es jedem ermöglichen, sich an der Entwicklung und Verbesserung zu beteiligen.
Das Gemeinsame:
Den Unterzeichnenden ist bewusst, dass diese Forderungen nur gemeinsam mit allen Beteiligten mittelfristig umgesetzt werden können. Wir sehen Paradigmenwechsel als gemeinsamen, kollaborativen Prozess, der von allen zum Wohle aller Industriepartner umgesetzt werden muss. Hierbei haben wir eine mehrstufige Vorgehensweise im Auge, die wir je nach Unterzeichner in unterschiedlicher Geschwindigkeit beschreiten mit einer gemeinsamen Richtung.
- Gezielte Einführung von BIM und offenen Datenstandards: Wir werden BIM und offene Datenstandards in Projekten sukzessive einführen und sicherstellen, dass wir unsere Anforderungen an den Einsatz an die Beteiligten formulieren. So kann sichergestellt werden, dass diese die notwendigen Fähigkeiten und Ressourcen haben, um die Methode und die Anforderungen an Daten erfolgreich einzusetzen.
- Prozessoptimierung: Wir optimieren unsere Prozesse aufgrund der Erkenntnisse aus der Einführung von IFC 4.3 und BIM, um effizienter, effektiver und kompetenter im Informationsmanagement zu werden.
- Individuelle Schulung und Weiterbildung: Wir schulen Mitarbeitende im Informationsmanagement, BIM und offenen Datenstandards und bieten regelmäßig die Möglichkeit zur Weiterbildung. So erhöhen wir unter anderem die Bestell-, Nutzungs- und Handlungskompetenz der Mitarbeitenden.
- Enge Kooperation: Wir arbeiten eng mit anderen Bahnbetreibern, Infrastrukturbetreiber und Bauherren weltweit und jeweils national zusammen, um den Einsatz von BIM und offenen Datenstandards zu fördern und zu unterstützen.
- Zusammenarbeit mit IT-Anbietern: Wir helfen in der gezielten Anwendung und Implementierung des Standards in Softwarelösungen, sind jedoch in einem symbiotischen Verhältnis. Alle Beteiligten benötigen die konkrete Implementation in Softwareprodukte, wie auch die IT Anbieter Feedback zu den konkreten Produkten benötigen.
- Zusammenarbeit mit anderen Standards: Wir arbeiten mit weiteren Standardisierungsorganisationen auf partnerschaftlicher Ebene mit dem Ziel zusammen, die derzeitigen Standards zu harmonisieren.
Der Aufruf:
Wir rufen daher alle Akteure der Infrastruktur- und Immobilienbranche dazu auf, offene Standards wie IFC in ihren Projekten und Geschäftsprozessen zu verwenden, um eine nachhaltige und zukunftssichere Entwicklung der Branche zu fördern.
Folgende Unternehmen haben auf dem buildingSMART International Standards Summit in Rom das Manifest unterzeichnet beziehungsweise wollen dies im Laufe des Jahres noch machen:
- Rete Ferroviaria Italiana (Modestino Ferraro) and Engisis (Xenia Fiorentini)
- Väylävirasto / Trafikledsverket / Finnish Transport Infrastructure Agency (Tarmo Savolainen)
- CRBIM (China Rail BIM) (Liming Sheng, Dashuan Ling)
- Trafikverket (Susanne van Raalte, Peter Axelsson)
- Banedanmark (Morten Damm Sørensen)
- UIC - International union of railways #UICrail (Pierre Tane, Jean-Michel Evanghelou)
- SNCF Réseau and MINnD (Pierre-Etienne Gautier, Patrick Offroy, Vincent Keller, Etienne Pansart, Christophe Castaing)
- BaneNOR (Eivind Pagander Tysnes)
- Deutsche Bahn (Candy Friauf, Joachim Kanis)
- ÖBB (Franz Josef Peer)
- SBB CFF FFS (Peter Kummer, Andreas Brunner)
Einen ausführlichen Rückblick und Einblicke zum buildingSMART International Standards Summit in Rom gibt es auf der bSD-Internetseite.